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Landkreis hat Verständnis für die Sorgen der Weidetierhalter im Kreisgebiet - Hinweis auf staatlich unterstützte Schutzmaßnahmen des Landes

Wolfssichtungen im Landkreis Wittmund haben in den letzten Jahren nicht zugenommen, aber sie kommen durchaus vor. Ein ganzes Rudel hat sich bisher nirgendwo in Ostfriesland fest angesiedelt, soweit bekannt. Vereinzelt umherstreifende Tiere allerdings fallen schlimmstenfalls auch in Herden von Weidetieren ein, wenn sie Hunger haben – zuletzt gab es vor wenigen Wochen einen Zwischenfall in Tannenhausen bei Aurich. Für die gut organisierten Landwirte im Landkreis ein Anlass, rechtzeitig Kontakt mit der Kreisverwaltung aufzunehmen und die sorgenfall betrachtete Problematik, die sich im Kreisgebiet derzeit noch relativ entspannt darstellt, grundsätzlich zu diskutieren. Denn sollte der Wolf sich hier zunehmend stärker heimisch fühlen, niederlassen und vermehren, werde die bisherige Wirtschaftsweise im Landkreis leiden und in Frage gestellt. Das sagt etwa Selbstvermarkter und Züchter Wolfgang Franke („Ochtersumer Weiderind“). Viele Nutztierhalter wie auch er würden dann sicherlich auf Ganzjahres-Stallhaltung umstellen, weil sie für ein aufwändiges betriebliches Beweidungsmanagement und aufwändige Zaunanlagen für ihre Tiere in der kleinstrukturierten ostfriesischen Kulturlandschaft nicht leistbar ist. Vorbei wäre es mit den noch vorherrschenden Bilderbuchansichten grasender Kuh- und Schafsherden auf blühenden Weiden, was die Touristen, aber auch Einheimische bei ihren Radtouren durchs schöne Harlingerland so lieben.

Das Vordringen des Wolfes habe mit Sicherheit Einfluss auf das bisherige Erscheinungsbild der Landwirtschaft im Landkreis, sagen auch Kreislandvolk-Vorsitzender Günter Lüken und Kreisgeschäftsführer Johannes Müller. Alle Drei nutzten das Gesprächsangebot von Landrat Holger Heymann, der von Bauamtsleiter Werner Hillie und Umwelt-Abteilungsleiter Finn Ahrens unterstützt wurde. Die Haltung des Landkreises ist dabei klar und unmissverständlich, dennoch habe man viel Verständnis für die Sorgen der Weidetierhalter im Landkreis, so Heymann: „Wir werden lernen müssen, mit dem Wolf zu leben, denn auch dieses Tier hat seine Daseinsberechtigung.“ Doch bei der Gestaltung des Miteinanders „müssen Kompromisse gefunden werden, die ein Miteinander auch ermöglichen.“

 Die geltende Rechtslage zum Schutzstatus des Wolfes ist klar. Der Wolf ist nach Bundesnaturschutzgesetz eine streng geschützte Tierart. Hiermit setzt die Bundesrepublik Deutschland internationale und europäische Verpflichtungen um: das Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (die Berner Konvention von 1979) und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie.

Die naturschutzrechtliche Zuständigkeit für den Wolfsschutz liegt in Niedersachsen im Geschäftsbereich der oberen Naturschutzbehörde – beimNiedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (MU). Von dort werden unter anderem die landesweiten Schutzbemühungen gesteuert, die finanzielle Unterstützung von schadensvorbeugenden Maßnahmen festgelegt und ehrenamtliche Wolfsberaterinnen und -berater berufen. Letztere sind wichtig, da sie bei Wolfsrissen als Schnittstelle für eine Entschädigung der Tierhalter durch das Land fungieren und auch bei der Erfassung des Wolfsvorkommens eine bedeutende Arbeit leisten. Vom niedersächsischen Umweltminister wurde im November 2020dieNiedersächsische Wolfsverordnung erlassen. Sie zeigt Möglichkeiten zum Umgang mit dem Wolf in Einzelfällen auf. Darin wird geregelt, in welchen Situationen und unter welchen Voraussetzungen ein Wolf verscheucht, vergrämt oder gar entnommen – also erschossen – werden darf. Es wird auch eine Aussage zum Umgang mit dem Wolf getroffen, wenn er beispielsweise Schafe auf dem Deich reißt: Eine Entnahme wäre nach wiederholter (also zweimaliger) Überwindung des Zauns am Deich „antragsfähig“.

Finn Ahrens ordnet dies so ein: Der Landkreis Wittmund werde nicht als Wolfsterritorium geführt, so auch die aktuelle Information der Landesjägerschaft, die in Niedersachsen mit dem Wolfsmonitoring beauftragt ist. Aber, das zeigen Ereignisse der jüngeren Vergangenheit, einzelne Wölfe ziehen auch hier durch die Landschaft und reißen bedauerlicherweise auch Nutztiere. Daher weist der Landkreis darauf hin, dass es gilt, alle möglichen Schutzmaßnahmen in Anspruch zu nehmen, die sich bieten. So werden auch angemessene Herdenschutzmaßnahmen für Tierhalter vom Land Niedersachen finanziert. Landwirte und Kreisverwaltung wollen zum Thema Wolf im Gespräch bleiben, so das Signal aus diesem Treffen, das bei Bedarf fortgesetzt werden soll.

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