Sprungziele
Inhalt

Datum: 26.09.2024

Stadt und Land, Hand in Hand: Bauern und Behördenvertreter im Gespräch

Ein schöner Brauch mit großer Tradition – der angenehme Duft nach frisch geerntetem Getreide erfüllt seit Dienstag dieser Woche (24.9.24) wieder das ehrwürdige Wittmunder Kreishaus am Markt; die mächtige Erntekrone der Landwirte legt ein Zeugnis der Verbundenheit von Stadt und Land ab. Die Erntekrone, frisch am Sonntag davor erst von Mitgliedern der Zweigvereine Etzel und Gödens gebunden, hängt neben der Haupttreppe und verströmt in den nächsten Wochen ihren Duft, wo Mitarbeitende und Kunden der Kreisverwaltung ein- und ausgehen. Die Beziehungspflege von Bauern und Behördenvertretern zeigt die große Verbundenheit und macht deutlich, dass der Landkreis um den großen Stellenwert der Landwirtschaft als Wirtschaftszweig im zweitkleinsten Landkreis Niedersachsens weiß. Landrat Holger Heymann begrüßte die Landwirte-Delegation und die Vertreterinnen der KreisLandFrauen im historischen Saal des Kreishauses, die meisten per Handschlag.

Heymann stellte zwei Aspekte in den Vordergrund seiner Eingangsworte. Zum einen die momentan schwierige Haushaltssituation bei der Kreisverwaltung, die dennoch an den großen Zukunftsinvestitionen festhalten will: am weiteren Ausbau des Wittmunder Krankenhauses, der Erneuerung der Berufsbildenden Schulen in Wittmund und Esens, dem Teil-Neubau der KGS, dem Umbau der FTZ, dem Neubau der Müllumschlagstation auf Langeoog – addiert immerhin ein 100-Millionen-Euro Volumen, dass der Kreis in den nächsten Jahren stemmen will. Und der Landrat schilderte die lokalen Auswirkungen der Energiewende-Investitionen auf das Kreisgebiet, die mit geplanten Leitungstrassen-Bauprojekten (Anlandung und Durchleitung Offshore-Windstrom, Neubau von LNG- und Wasserstoffpipelines mit Speicherung in hiesigen Salzkavernen) in den nächsten Jahrzehnten für viele Erdbewegungen sorgen werden. Sein Appell: „Wir brauchen die Geschlossenheit, den Zusammenhalt im Kreisgebiet, um all das zu meistern“. Man spiele für Deutschland eine besondere Rolle – nicht nur als sommerlicher Erholungsraum für Millionen von Touristen.

Von einer in Teilbereichen unterdurchschnittlichen Ernte im abgelaufenen Jahr berichtete Kreislandvolk-Vorsitzender Günter Lüken, der den jährlichen Austausch zum Erntedank und die gute Verbindung zur Kreisverwaltung lobte. Dem Sachverstand der Landwirte sei es zu verdanken, dass trotz schmaler Erntefenster im Sommer noch eine gute Ernte herausgekommen sei. Als wirklichkeitsfern „mit fatalen Auswirkungen“ bezeichnete Lüken einige der aufgekommenen Ansätze des Bundesgesetzgebers bei der Änderung des Tierschutzgesetzes. Derzeit ins Auge gefasste Maßnahmen seien zum Teil praxisfern, man dürfe auf der Bürokratieebene den Bogen nicht überspannen.

Johanna Lübbers vertrat Elke Eilts - die Vorsitzende des KreisLandFrauenVerband Wittmund war kurzfristig erkrankt. Die Landfrauen hatten mit ihrem Team den historischen Saal geschmückt und sie reichten passend zur Austauschrunde Milchmixgetränke und Häppchen. Lübbers skizzierte die wichtige Arbeit der Landfrauen, wobei es nicht ums Kuchenbacken gehe, sondern um den bereichernden Austausch der gut organisierten Landfrauen in ihren 12 Ortsvereinen im Landkreis; da gehe es schließlich auch um das Erwerbsleben auf den Höfen, die spätere Rente oder auch um inhaltliche Themen wie Gewalt gegen Frauen und Kinder.

Der stellvertretende Verbandsgeschäftsführer Dr. Michael Bucher vom Zweckverband Veterinäramt JadeWeser ging kurz auf die aktuelle Situation bei der Blauzungenkrankheit von Rindern, Schafen und Ziegen (Wiederkäuern) ein. Er riet den Anwesenden, ihre Tierbestände impfen zu lassen, um auf der sicheren Seite zu sein. Die Blauzungenerkrankung hat in diesem Sommer zu vielen Erkrankungen bei Schafen und Rindern und insbesondere bei den Schafen leider auch zu vielen Todesfällen geführt. Bei Rindern war ein milderer Verlauf der Erkrankung erwartet worden. Im Sommer hat sich hingegen gezeigt, dass Rinder auch sehr starke Symptome zeigen können verbunden mit starken Leistungseinbußen. Die Zahl der Verluste bei Rinder infolge der Blauzungenkrankheit liegt deutlich höher als bei früheren Blauzungengeschehen. Dies hat alle überrascht. Seine Prognose: Diese Krankheit, die von Gnitzen (Mücken) vor allem im Freien, aber auch in Ställen übertragen wird, werde im nächsten Frühjahr wiederkommen.

Über Umsetzungspläne beim Niedersächsischen Weg im Kreisgebiet, vor allem beim Wiesenvogelschutz, führte der Leiter des Fachbereichs Umwelt, Finn Ahrens, aus. Hier gibt es durchaus Interesse an einer Teilnahme am Wiesenvogelschutzprogramm. Die veränderte Regelung des Landes zu Lasten der Landkreise erschwert die Realisierung von Förderungs- bzw. Entschädigungsmaßnahmen außerhalb gesicherter Wiesenvogelschutzgebiete. Gelassen reagierte er auf die von der EU gegenüber Deutschland angestrengte Klage wegen nicht oder nur mangelhaft ausgewiesener Natura 2000-Schutzgebiete. Die seien im Kreisgebiet alle als Landschafts- oder Naturschutzgebiete rechtlich gesichert und man sei daher auf der sicheren Seite, was mögliche Strafzahlungen an die EU angehe.

Im nächsten Jahr, wenn die Ernte 2025 eingefahren ist, werden sich Vertreter vom Landkreis und der hiesigen Landwirtschaft wieder treffen, wenn die nächste Erntekrone hängt, und miteinander reden. So wie das üblich ist im Landkreis Wittmund.

Direkt zum Ziel