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Vortrag "Wenn die Nacht zum Tag wird: Lichtverschmutzung und ihre Folgen für Mensch und Natur" 


Rückblick 24.08.2023

Wittmund, 24.08. – Im Rahmen eines fesselnden Vortrags mit dem Titel "Wenn die Nacht zum Tag wird“ enthüllte Manuel Philipp, Gründer der Initiative "Paten der Nacht", alarmierende Erkenntnisse über die globale Problematik der Lichtverschmutzung. Die Veranstaltung, die am 24. August in der Volkshochschule Wittmund stattfand, brachte die negativen Auswirkungen von übermäßigem Kunstlicht auf eindrucksvolle Weise ans Licht.

Eine der schockierenden Erkenntnisse aus Philipp's Vortrag war die Lichtglocke, die sich von München bis zum Alpenrand erstreckt und auf über hundert Kilometern sichtbar ist. Dieses Phänomen illustriert eindringlich die Ausbreitung der Lichtverschmutzung, die mittlerweile selbst in entlegenen Gebieten keine Dunkelheit mehr zulässt. Weltweit wird jedes Jahr eine Zunahme von 10% mehr Nachtlicht verzeichnet, was eine besorgniserregende Entwicklung darstellt.

Der Einsatz von LED-Beleuchtung wurde als Haupttreiber dieser Lichtverschmutzung identifiziert. LEDs sind kostengünstig und energieeffizient. Dies ist zunächst als positive Eigenschaft zu werten, denn die damit verbundene Energieeinsparung ist auch ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Der kostengünstige Einsatz der LED-Technik führt jedoch zu einer massiven Zunahme der Beleuchtung ohne sich darüber Gedanken zu machen, ob sie an der Örtlichkeit überhaupt notwendig ist und ob eine geringere Leistung auch ausreichend wäre. Diese Bequemlichkeit geht mit einem hohen Preis einher – einer immensen Verschwendung von Energie. Philipp verdeutlichte anschaulich anhand von Grafiken, wie sich die Flächenhelligkeit von 1992 bis 2010 dramatisch erhöht hat. Auf über 30% des Außenlichts könnte man ohne Einbußen an Lebensqualität oder Sicherheit und verzichten, die dafür aufgewendete Energie ist praktisch verschwendet.

Die Auswirkungen dieser Entwicklung sind weitreichend und erschreckend. Überflüssiges Nachtlicht führt nicht nur zu astronomischen Energiekosten in Europa, sondern verursacht auch einen Millionen Tonnen mächtigen CO2-Ausstoß. Ganz zu schweigen von den gesundheitlichen und ökologischen Folgen; der Einsatz von Lichtquellen in der Nacht führt auch zu Schlafstörungen beim Menschen, zu Störungen des natürlichen Verhaltens von Tieren und sogar zu Beeinträchtigungen von Pflanzen. Philipp wies darauf hin, dass jedes Jahr 100 Milliarden Insekten Opfer des nächtlichen Lichts werden, was schwerwiegende Auswirkungen auf das vorbelastete Ökosystem hat. Für die nachtaktiven Fledermäuse werden Quartiere sowie auch ganze Nahrungshabitate unbrauchbar.

Um die Lichtverschmutzung einzudämmen, präsentierte Philipp konkrete Lösungsansätze. Dazu gehört die gezielte Ausrichtung von Lichtquellen, die Verwendung von energiesparenden Leuchtmitteln mit der passenden Lichtfarbe sowie eine an dem Zweck ausgerichtete Intensität der Leuchtmittel. Ein Außenstrahler ist beispielsweise vier Mal effizienter, wenn er in niedriger Höhe angebracht und nach unten ausgerichtet wird. Dies kann nicht nur 75% der Stromkosten durch eine reduzierte Wattzahl ermöglichen, sondern schont maßgeblich die Tierwelt um uns herum.

Eine besonders bemerkenswerte Initiative, die in diesem Zusammenhang ins Leben gerufen wurde, ist die Aktion "22 Uhr - Licht aus". Diese Initiative zielt darauf ab, Geschäfte und Unternehmen dazu zu bewegen, ihre Beleuchtung spätestens ab 22 Uhr auszuschalten, um die Lichtverschmutzung zu reduzieren und einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Zukunft zu leisten. Interessierte können weitere Informationen über die Initiative "22 Uhr - Licht aus" auf der Webseite https://www.22uhr.net/ abrufen und herausfinden welcher Wittmunder Betrieb bereits auf der Karte zu finden ist.

Direkt im Anschluss an den faszinierenden Vortrag über Lichtverschmutzung und ihre Auswirkungen wurde unter Leitung von Theodor Poppen eine aufschlussreiche Nachtwanderung durch Wittmund angeboten. Die Teilnehmenden erlebten hautnah, wie sich die Erkenntnisse des Vortrags in der Realität auswirken und wie Licht die nachtaktive Tierwelt beeinflusst. Während der Wanderung durch den Schlosspark wurden verschiedene Fledermausarten gesichtet. Doch bemerkenswerterweise nahm ihre Präsenz ab, je näher die Gruppe der beleuchteten Innenstadt kam. Eine interessante Ausnahme bildete die örtliche Kirche, die mit angepasster Beleuchtung in Zukunft sogar eine Reihe wertvoller Quartiere für Fledermausarten bieten könnte. Es wurde deutlich, dass lichtempfindliche Arten bereits in einer mondhellen Nacht ihre Quartiere nicht mehr verlassen, was auf die dringende Bedeutung verantwortungsvoller Beleuchtung hinweist.

Die Erkenntnisse aus dem Vortrag wurden unmittelbar angewandt, als die Teilnehmer an verschiedenen Stellen Messungen von bis zu 150 LUX entdeckten. Ein LUX allein reicht bereits aus, um ausreichende Helligkeit zu gewährleisten. Zum Vergleich: Ein Vollmond hat eine Helligkeit von 0,2 LUX. Diese Entdeckungen verdeutlichen die vielfältigen Möglichkeiten zur Anpassung der Beleuchtung, um sowohl Mensch als auch Tier eine erholsame Nacht zu bieten und gleichzeitig positiven Einfluss auf das Klima zu nehmen.

Die Nachtwanderung bot den Teilnehmern eine einzigartige Gelegenheit, die theoretischen Konzepte des Vortrags in der Praxis zu erleben. Poppen vermittelte nicht nur sein tiefes Wissen über die Tierwelt, sondern regte auch zur aktiven Teilnahme an der Bewältigung der Lichtverschmutzung an. Die Veranstaltung betonte die Bedeutung kollektiven Handelns, um unsere Umwelt nachhaltiger und lebensfreundlicher zu gestalten. Die Veranstaltung endete mit einem Aufruf, die Beleuchtung im Freien genauso verantwortungsbewusst zu handhaben wie das Licht in den eigenen vier Wänden. Durch die Schaffung eines kollektiven Bewusstseins für die Gefahren der Lichtverschmutzung kann gemeinsam dazu beigetragen werden, in diesem Fall eine dunklere und nachhaltigere Zukunft für Mensch und Natur zu gestalten.

Wenn der Grundsatz „das umweltverträglichste Licht ist das, das gar nicht erst an ist“ zukünftig mehr Beachtung findet, werden Ressourcen geschont, Lebensräume für Tiere und Pflanzen verbessert und die Welt für den Menschen gesünder und lebenswerter gemacht.


Weiterführende Informationen "Paten der Nacht"

Wer sich weitergehend mit dem Thema Lichtverschmutzung beschäftigen möchte, findet Informationen auf der Website der Paten der Nacht: https://www.paten-der-nacht.de/

Lösungen und konkrete Handlungsempfehlungen: https://www.paten-der-nacht.de/reduzierung-lichtverschmutzung/

Informativ ist der digitale Flyer, der auch konkrete Maßnahmen gegen Lichtverschmutzung aufführt: https://www.paten-der-nacht.de/flyer-lichtverschmutzung/

Kleinere Mengen an Flyern stellt der Landkreis Wittmund gerne zur Verfügung. Bei Bedarf wenden Sie sich per Mail an klimaschutz@lk.wittmund.de

Teilnahme an der Initiative "22 Uhr - Licht aus": https://www.22uhr.net/

Bereits teilnehmende Unternehmen: https://www.22uhr.net/firmenverzeichnis/



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